“Für meinen Hund ist das zuviel Ablenkung.”
“Zuhause klappt alles super, aber draußen ist er eine Katastrophe.”
“Eigentlich kann der das alles. Nur hier nicht.”
Kommt euch bekannt vor?
In diesem Teil der Serie Vom Welpen zum Begleithund geht es um das Training unter Ablenkung.

Wir berichten hier, wie Wollie Stück für Stück lernt, bei der Arbeit Verleitungen auszublenden.
Training unter Ablenkung
Am Hundeplatz ist immer etwas los. Da sind, je nach Gruppe, ganz unterschiedliche Hunde und ihre Menschen mit ihrem Hundesport beschäftigt. Geht es bei den Begleithunden noch relativ ruhig zu, ist es beim Agility ganz schön lebhaft.
Diese Vielfalt nutzen wir für das Training unter Ablenkung. Ihr kennt das vermutlich alle. Zuhause klappt es wunderbar. Der Hund ist begeistert, aufmerksam und hängt an euren Lippen. Sobald man sich in der Gesellschaft von anderen befindet, wird es knifflig. Gerade, wenn diese Anderen Hunde sind. Die sind dann häufig interessanter als Fuß, Sitz und Platz.
Genau aus diesem Grund werden unsere Hunde schrittweise daran gewöhnt, beim Training unter Ablenkung mit aller Art Verlockungen umzugehen.
Andere Hunde als Ablenkung
Die meisten Hunde finden Artgenossen spannend. Während der eine sie misstrauisch beäugt, hofft der andere auf einen potentiellen Spielpartner. Wie auch immer er anderen Hunden gegenüber eingestellt ist – eine Ablenkung stellen sie auf jeden Fall dar.
Wollie interessiert sich für fremde Hunde nur mäßig. Von Welpe an hat sie gelernt, dass es nicht zu jedem Kontakt gibt, der uns entgegen kommt. Und dass es sich lohnt, sich zum Menschen zu orientieren. (Mehr dazu erfährst du in dem Beitrag Welpen und Hundesport.) Die Hunde am Hundeplatz jedoch kennt sie. Und mag sie. Mit einigen darf sie regelmäßig toben und die rufen natürlich große Aufregung hervor, wenn sie in Sicht sind.

Wenn es ans Training geht, bekommt Wollie klare Signale. So weiß sie, dass nun definitiv nicht getobt wird. Sondern dass es bei Mara sowohl Action, als auch Lob, Spaß und Futter gibt.
Zu diesen Signalen gehört das Anlegen des Halsbandes, der Wechsel der Leine und dass beide sich vor Betreten des Platzes erst einmal sammeln. Vor dem Tor setzt Wollie sich hin und bekommt schon die ersten Leckerchen dafür, dass sie Blickkontakt zum Hundeführer sucht. Ganz egal, welche Hundekumpels bereits auf dem Platz trainieren.
Hund an Board? Dann erst kann es losgehen!
Update von Wollie mit 15 Monaten: so lief ihr erstes Turnier! Mit einer Menge fremden Leuten am Zaun, bellenden Hunden und Bratwurstgeruch.
Hundetraining mit Ablenkung: fremde Umgebung und neue Gerüche
Ein weiterer Faktor der Ablenkung ist eine fremde Umgebung. Was zuhause prima klappt, kann in einem anderen Umfeld schnell zur Zerreißprobe für Nerven und Leine werden. Neue Geräusche und Gerüche sind ungemein spannend!
Und wer könnte es den Hunden verübeln? Ihr wichtigstes Sinnesorgan ist die Nase. Sie haben bis zu 300 Millionen Riechzellen. Das sind locker 60 mal so viele, wie bei uns Menschen. 10 Prozent des Hundegehirns sind dafür zuständig, Gerüche zu verarbeiten. Es ist also völlig normal, dass ein Hund gerade an neuen Orten mit der Nase am Boden klebt. Wir schauen uns um, der Hund “schaut” mit seiner Nase.
Mit unseren Hunden sind wir manches Mal auf Seminaren oder bei anderen Hundesportvereinen zu Gast. So war Wollie in den letzten Wochen beispielsweise zum Unterordnungsseminar bei Natalie Knaack-Enkelmann. Das fand auf dem Gelände vom Hundezentrum Studydogs statt. Wollie war dort zum ersten Mal und durfte sich vor Trainingsbeginn erstmal in Ruhe umschauen. Äh… umschnüffeln.

Als dann das Halsband für das Training und eine andere Leine angelegt wurden, konnte sie trotz der fremden Umgebung in den “Arbeitsmodus” wechseln. Natürlich waren die Einheiten kurz. Man merkte deutlich, dass die Konzentration viel schneller nachließ, als zuhause. Kein Wunder – sind da doch schließlich diese 10 Prozent vom Gehirn, die dabei sind, all die Gerüche zu verarbeiten.
Aufmerksamkeit lässt sich üben. Die Ablenkung kann man langsam steigern. Wenn etwas zuhause oder im Garten einwandfrei klappt, kannst du mit deinem Hund diese Übung probeweise beim Spaziergang angehen.
Schafft er es, sich da problemlos auf dich zu konzentrieren, könnte die nächste Trainingseinheit auf einem Parkplatz, in Gesellschaft anderer Hunde oder auf einer neuen Gassiroute stattfinden. Wenn es mal nicht klappt, macht das gar nichts. Man kann einfach einen Schritt zurückgehen und die Ablenkung erstmal wieder reduzieren.
Kooperation muss sich lohnen
Es ist klar: Konzentration unter Ablenkung ist eine echte Herausforderung für unsere Hunde. Also muss sie entsprechend belohnt werden!
Eines unserer liebsten Zitate zum Thema Hundetraining kommt von Bob Bailey. “Woher kommen Probleme im Training? Die Menschen erwarten zu viel von ihrem Hund und zu wenig von sich selbst.” In diesem Sinne: kleinschrittig trainieren und so langfristig Erfolg haben.
Ist es für Wollie besonders anstrengend, aufmerksam zu sein, wird sie schneller und häufiger bestätigt, als in ablenkungsfreier Umgebung. Da ist schnell eine gesamte Futterration innerhalb von zwei Minuten Training verfüttert. Der gefüllte Napf zuhause fällt dann weg. Schließlich soll Wollie nicht irgendwann zum übergewichtigen Rollmops mutieren.

Was hat Training mit Ablenkung mit der Begleithundeprüfung zu tun?
Der Titel unserer Serie lautet “Vom Welpen zum Begleithund”. Nun fragst du dich vielleicht, was all das mit der Begleithundeprüfung zu tun hat.
In der Begleithundeprüfung läuft der Hund ein festgelegtes Schema im Hörzeichen Fuß. Dazu werden Sitz, Platz, die Ablage unter Ablenkung, die Umweltsicherheit und mehr abgefragt. All das geschieht, ohne dass der Hundeführer Leckerchen oder sonst eine Motivation anbieten darf. Beim Platzteil darf nur an sehr wenigen Punkten gelobt werden.
Dazu startet man in Zweierteams und es sind sowohl andere Hunde, als auch andere Menschen bei der Prüfung dabei. Hat der Hund gelernt, dass es sich lohnt, sich trotz solcher Ablenkungen auf seinen Menschen zu konzentrieren – dann ist das schon die halbe Miete.
Im nächsten Teil der Serie zeigen wir, wie Wollie den Vorsitz lernt – und dass die Pubertät eingeschlagen hat!